So wird die Kapelle um 1888 beschrieben:
Die Kapelle in Grambek ist der älteste kirchliche Fachwerkbau weit und breit und auch der einzige in der Gegend, von dem unbestreitbar ist, daß er ins Mittelalter zurückgeht. Sie liegt an einem großen Platz mitten im Dorf von einem Steinwall umgebenen Kapellenhof. Begräbnisse haben hier nur einmal, zur Zeit einer ansteckenden Krankheit, der Pest, stattgefunden. Der östlich in halbem Zehneck schließende Bau hat keine architektonischen Einzelheiten. Die Fächer sind unverstrebt, und das Ganze ist schon deshalb sehr schief geworden und recht baufällig, besonders auch, weil das Dach sehr schlecht unterhalten ist. Die Köpfe der Rahmenhölzer und der Dachbalken stehen an den Ecken über und überkämmen sich - an den Blockbau erinnernd. Die Fächer haben große mittelalterliche Ziegel mit geritzter Fuge in den starken Speislagen. Ein Fach ist durch einen einfachen Zierverband ausgezeichnet. Der Kehlbalkendachstuhl ist aus Eichenholz. Die Westwand ist anscheinend neuer. Die drei Ostseiten deckt das Dach mit einer gebogenen Walmseite. Die Dachbalken sind innen durch Kopfbänder, abwechselnd durch einzelne und durch zwei hintereinandergestellte, gestützt. Auf der Ostseite liegt noch (1888 teilweise entfernt ) das sehr schwere mittelalterliche Hohlziegeldach. Öffnungen rechteckig. Der Bau wird mit dem Altarbau gleichzeitig sein und aus dem 14. Jahrhundert, aber nach 1320, stammen.
Die Eingesessenen wünschen, daß die Kapelle "eingehen" dürfte (1856)Die Kapelle war schon viele Jahre baufällig, als im Jahre 1856 die Dorfschaft Grambek, vertreten durch den Bauervoigt Scharnweber und den Kapellenjuraten Hufner Gehrken, angetragen wurde, daß die Kapelle in Grambek eingehen möge.
Um eventuell den Antrag, der mir nicht ganz verwerflich erscheint, und den auch der Pastor Waechter in Gudow sich im allgemeinen beiläufig nicht unbeifällig ausgesprochen hat, zur Entscheidung des Königlichen Consistorii, die erforderlich sein dürfte, vorzubereiten, bitte ich, zunächst eine verehrliche von Bülow-Gudower Vormundschaft gehorsamst mich mit desfallsiger Instruction in der Sache gefälligst versehen zu wollen. Gericht Gudow, den 3. ten März 1856.
Die Grambeker haben vergebens auf Abrißbescheid gewartet.
An die verehrlichen von Bülow-Gudower Vormundschaft Actum Gudow den 27" Februar 1856
In Anlaß eines an das Gericht unter dem 16 ten November vor. J. eingegangenen Schreibens des Pastor Waechter in Gudow vom 8 ten s. M. betreffend die Bestellung des Hufners Gehrken in Grambeck als Jurate der dortigen Capelle an der Stelle des von solchen Dienste abgegangenen Altentheilers Burmester allda, war der gedachte Hufner Gehrken vorbeschieden und erschienen, auch war der Bauervoigt Scharnweber aus Grambeck erschienen.
Beide Comparenten machten, unter der Versicherung, daß die ganze Dorfschaft Grambeck mit ihnen einverstanden sei, vorstellig:
Die Capelle, welche im Dorfe Grambeck belegen sei, sei baufällig, es werde sogleich eine Reparatur des Gebäudes, insbesondere des Dachs desselben, erforderlich werden und nach Verlauf einiger Jahre werde anscheinend zu einem Neubau geschritten werden müssen. Diese Reparaturen und Bauten fielen der Dorfschaft Grambeck zur Last und seien, zumal, wenn es zu einem Neubau kommen müsste, nicht unerheblich. - Vortheile hätten die Eingesessenen durch das Vorhandensein einer Capelle in Grambeck wenige; abgesehen davon, daß am Sonntage nach Fastnacht-Abend, am Himmelfahrtstage und am Sonntag nach Michaelis Nachmittags in der Capelle von dem Prediger in Gudow Gottesdienst gehalten werde, würden überall keine kirchliche Handlungen in der Capelle vorgenommen; am Himmelfahrtstage und am Sonntag nach Michaelis sei jedoch die Austheilung des heiligen Abendmahls mit dem Gottesdienste verbunden. Kindtaufen würden dort nicht vorgenommen und ebensowenig fänden Beerdigungen auf dem Capellenhofe statt, wie sehr dieses auch von den Eingesessenen gewünscht und wiederholt beantragt sei. Die Eingesessenen wünschten nun, dal3 die Capelle gänzlich eingehen dürfte und wollten sie das Gericht ersucht haben, das desfalls Erforderliche einzuleiten und zu veranlassen. Die Einkünfte des Predigers und des Küsters soweit solch,e feststehend seien, sollten denenselben, auch wenn die Capelle eingegangen sein werde, verbleiben. Außer der Mittagsmahlzeit, die bei jeder Predigt an den gedachten Tagen, dem Prediger dem Küster und dem Capellenjuraten gereicht werde und die die Eingesessenen der Reihe nach geben müßten, erhalte der Prediger für die Himmelfahrtspredigt 1 rß Curant (4 f. von jeder Hufe und 4 f. aus dem Klingbeutel); ferner ebenfalls von jeder wohnhaften Person im Dorfe am Himmelfahrtstage I f. Crt: (also von Eheleuten 2 f. Crt.) - Weiter habe der Prediger keine feststehende Einnahmen von der Capelle. - Der Küster habe von derselben keine andern feste Einnahmen als nur 44f. N 2/3 und 11 Brote, (von jeder Hufe 4 f. und 1 Brot) die ihm am Sonntag nach Fastnacht gereicht würden.
Das während des Gottesdienstes gesammelte Klingbeutelgeld falle der Capelle zu und sei wesentlich aus diesem ein Capital von 50 rl3 N 2/3 entstanden, welches in der Sparkasse in Ratzeburg für die Capelle belegt sei. Aus diesem Gelde, dem Capellenhofe und dem Lande, sind für den Capellenjuraten bei der Verkoppelung von der Dorfschaft als Emolument ausgelegt sei, ansonsten ist die Capelle nicht begütert. -
Prael: Es soll über den Antrag mit der Gutsherrschaft communicirt werden, und wird rücksichtlich der heute Statt gefundenen Beeidigung des Hufners Gehrken zum Capellenjuraten auf anderweitiges Protocoll verwiesen. - in fidem: H.A. Wittrock
Gericht Gudow zum Abriß der Kapelle
Zufolge des in Abschrift beigeschlossenen Protokolls vom 27 sten Jul. hat die Dorfschaft Grambeck durch den Bauervoigt Scharnweber und den Capellenjuraten Hufner Gehrken daselbst, hieselbst darauf beantragen, daß die Capelle in Grambeck eingehen möge. In dem Vermeßregister der Dorfschaft Grambeck steht die Capelle aufgeführt mit dem Areal: „No.“ 299 der Capellenhof 39 Ruthen und „No.“ 306 beim Krayenbrock 1 Morgen 5 Ruthen: In dem Verkoppelungs-Receße und in dem Vermeß-Register der Dorfschaft Grambeck finden sich weitere Nachrichten in Betreff der Capelle nicht, auch fehlen mir sonstige actenmäßige Nachrichten über dieselbe. Um event: den Auftrag, der mir nicht ganz verwerflich erscheinet und über den auch der Pastor Wächter in Gudow sich im Allgemeinen beiläufig nicht unbeifällig ausgesprochen hat, zur Entscheidung des Koniglichen Consisterii, die erforderlich sein dürfte, vorzubereiten, bitte ich zunächst Eine verehrliche von Bülow - Gudower Vormundschaft gehorsamst mich mit desfallsiger lnstruction in der Sache gefälligst versehen zu wollen.
Gericht Gudow den 3 ten März 1856
Ablösung der Pfarrspanndiensttage (1859)
Interessant ist auch ein anderes Schreiben (Verkopplungsrezeß) zwischen dem Pastor Waechter und den Juraten der Kirche zu Gudow und den Hufnern zu Grambek wegen der Ablösung der Pfarrspanndiensttage. Wie für die Gutsherrschaft Spann- und Handdiensttage geleistet wurden, mußten die Hufner auch für die Kirche in Gudow 12 Pflugtage leisten. In § 2 heißt es:
Diese jährlichen 12 Pflugtage sind von Neujahr 1857 an gerechnet für immer aufgehoben und sollen niemals wieder in etwa geleistet und gefordert werden.
Dafür sollte jeder Vollhufner jährlich um Michaelis 1 Rthlr. entrichten, so daß der Prediger in Gudow jährlich aus Grambek 10 Rthlr. für die aufgehobenen Dienste erhält.
Receß zwischen dem Pastor Wächter und den Juraten der Kirche zu Gudow und den Hufnern zu Grambeck wegen Ablösung der Pfarrspanndiensttage
Auf Grund der zwischen dem Herrn Pastor Wächter zu Gudow und den der Pfarre zu Gudow spanndienstpflichtigen Eingesessenen zu Grambeck Statt gehabten Verhandlungen und zu Stande gekommenen Vereinbarung ist, nachdem das Patronat der Kirche zu Gudow zufolge dessen an den Pastor Wächter zu Gudow unter dem 18. Januar 1857 ergangenen Schreibens zu selbiger die Genehmigung ertheilet, in Gemäßheit der von dem Königlichen Consistorio des Herzogthums Lauenburg mittelst das an das Gericht Gudow ergangenen Rescriptes vom 4. Februar 1859 getroffenen Verfügung, zwischen dem Herrn Pastor Wächter und den zeitigen Juraten der Kirche zu Gudow nämlich den Halbhufnern Friedrich Frank und Franz Berghahn zu Gudow und Dominikus Kaben in Lehmrade einer Seits, und
Bauervoigt Johann Scharnweber
Hufner Johann Sahlmann
Hufner Fritz Forthmann
Hufner Hans Jochen Gehrke
Hufner Johann Warnke
Hufner Heinrich Grader Hufner David Eggert
Hufner Heinrich Drexel
Hufner Heinrich Burmester
Hufner Johann Burmester
in Grambeck andererseits, unter Vorbehalt der höheren Genehmigung, wegen Ablösung der den gedachten Eingesessenen obliegenden Pfarr - Spanndiensttage nachfolgender Receß abgeschlossen worden.
§ 1. Es dienet zu wissen, daß zufolge der im § 62 das zwischen der Gutsherrschaft zu Gudow und den Eingesessenen zu Grambeck unter den 15. September 1808 abgeschlossenen Verkoppelungsrecesses enthaltenen Bestimmung jeder der l0 Hufner in Grambeck dem Prediger zu Gudow, welcher jährlich aus dem Dorfe Grambeck 12 Pflugtage erhält, jährlich einen Pflugtag und außerdem noch alle 10 Jahre nach der Reihe 2 Pflugtage zu leisten schuldig ist.
§ 2. Diese jährlichen 12 Pflugtage sind von Neujahr 1857 an gerechnet für immer aufgehoben und sollen niemals wieder in natura geleistet und gefordert werden.
§ 3. Dagegen fallen alle etwaigen während der Zeit des Naturaldienstes üblich gewesenen Gegenleistungen des Predigers zu Gudow nicht nur hinweg, sondern es zahlet auch jeder der 10 Vollhufner in Grambeck an die Pfarre zu Gudow jährlich um Michaelis I rt, so daß der Prediger in Gudow jährlich aus Grambeck 10 rt LM für die aufgehobenen Dienste erhält. Nachrichtlich wird bemerkt, daß die Michaelis 1857 und 1858 fällig gewesenen Termine berechtigt sind.
§ 4. Alle sonstigen Dienste und Leistungen, die die besagten Eingesessenen der Pfarre zu Gudow zu leisten rechtlich verpflichtet sind, müssen nach wie vor geleistet und beschafft werden. Dessen zur Urkunde ist der gegenwärtige Receß in triplo ausgefertigt von den contrahirenden Theilen, unter Entsagung auf alle Einreden und Rechtwohlthaten, durch Unterschrift vollzogen worden und soll an das Königliche Consistorium des Herzogthums Lauenburg zur weiteren Verfügung eingesandt werden.
So geschehen Gudow den 14 ten April 1859.
gez: A. Wächter Pastor,
gez: Scharnweber,
gez: D. Karen,
gez: Sahlmann,
gez: F. Frank,
gez: Fortmann,
gez: F. Berghahn,
gez: H.J. Gerken,
gez: Warneke,
gez: Grader,
gez: D. Eggert,
gez: H. Drexel,
gez: H. Burmester,
gez: J. Burmester
Es wird hiermittelst bescheinigt, daß der Pastor Wächter und die Juraten der Kirche zu Gudow einer und die sämmtlichen Hufner zu Grambeck anderer Seits den vorstehenden Receß, nach Statt gehabter Verlesung desselben, durch eigenhändige Namensunterschrift vollzogen haben.
Gericht Gudow den 14 ten April 1859. (L.S.) H.A. Wittrock
Vorstehendem Recesse wird hierdurch Seitens des Consistorii ,die Bestätigung ertheilt und soll über die Gelebung der abgeschlossenen Vereinbarung obrigkeitlich gehalten werden. Ratzeburg den 14. Mai 1859. (L.S.) v. Kardorff
Königliches Consistorium des Herzogthums Lauenburg.
Die Predigt in der Schule (1905)
An einem Sonntagmorgen sollte ein Gottesdienst stattfinden. Ein großer Teil der Gemeinde traute sich jedoch nicht mehr in das Gebäude hinein. Man hatte schon lange darüber gesprochen, daß es eigentlich umgestoßen werden müsse. Einige junge Leute hatten sich auch schon daran versucht, aber die Kapelle hielt stand, umstoßen ließ sie sich nicht. An dem Morgen ging ein Teil der Bauern dabei, das Mauerwerk einzustoßen. Aber es gelang ihnen auch nicht. Kinder und junge Leute hatten sich hinzugesellt um zuzuschauen. Einer von den Übeltätern erzählte:
"Dat halbe Dörp stünn dorbi rüm, Wenn een uns anzeigt harr, denn harrn wi lang darüm sitten müßt.
Hinein wollten die Grambeker nicht mehr. Da fuhr noch am selben Morgen ein Bote nach Gudow um den Pastor zu benachrichtigen, daß der Gottesdienst in der Kapelle nicht stattfinden könne. weil niemand mehr hinein wolle. Von der Zeit an - es war das Jahr 1905 - wurde die Predigt in der Schule abgehalten. Endlich, im Jahre 1913 wurde die ca. 500 Jahre alte Grambeker Kapelle wegen Baufälligkeit abgerissen, und das Abbruchmaterial verkauft. Das für den Abbruch erhaltene Geld ging im 1. Weltkrieg verloren und der damalige Pastor in Gudow zeichnete es als Kriegsanleihe. Lehrer Jessen, der alles im Dorfe miterlebt hat, sagte, er hätte diese Tatsachen nicht aufgeschrieben, weil sonst manche Leute aus dem Dorfe bestraft worden wären.
Die Kirche bleibt im Zentrum von Grambek
Nach fast 50 Jahren beschließt die Gemeinde einstimmig, daß sie mit einem Kapellenbau einverstanden ist. Allerdings ist sie der Ansicht, daß der vorgesehene Kapellengarten nicht der geeignete Platz für die Kapelle ist. Da die Gemeinde Grambek einen Friedhof in Grambek haben möchte, und auch bereits einen Antrag an das Landeskirchenamt in Kiel gestellt hat, ist die Gemeindevertretung der Ansicht, daß die Kapelle und der Friedhof zusammen liegen müßten. Aber es sollte nicht sein, die Kapelle blieb im Dorf. Der Friedhof wurde außerhalb des Dorfes angelegt. Es hat lange gedauert, bis das Dorf nach dem Abbruch der alten Kapelle eine neue erhielt. Auf dem Kapellenacker in Grambek wurde am Sonntagnachmittag, dem 4.12.1960, von Pastor Manfred Jonas aus Gudow der Grundstein für den Neubau einer Kapelle gelegt. In der Schule hatten sich der Kirchenpatron, Erblandmarschall Friedrich Werner von Bülow, die Kirchenältesten und Kapellenältesten zu einer Andacht eingefunden. Pastor Manfred Jonas betonte in seiner Predigt, daß entgegen vielen Wünschen, die Kirchenältesten den Kapellenneubau doch auf dem alten Kapellenacker errichten lassen wollten. Die Kirche gehöre ins Dorf und nicht an seinen Rand.
Am 1. Oktober 1961 wurde die neue Kapelle geweiht. Bis zum letzten Platz war die Kapelle zum Weihegottesdienst gefüllt. Besonders erfreulich ist, daß die frühere Kanzel aus dem Museum, in dem sie aufbewahrt wurde, zurück gebracht, renoviert und wieder aufgestellt wurde. Sie bildet neben dem Altar ein Schmuckstück im Inneren der Kapelle.
Landessuperintendent Fischer nahm die Weihe des Gebäudes, des mittelalterlichen Altars, der Kanzel aus dem Jahre 1652, des alten, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Kruzifixes, des Taufsteines und der neuen Glocke vor, die nach 50 Jahren erstmalig wieder ihren hellen Ruf über das Dorf erschallen ließ.
Quelle: 1194 – 1994, 800 Jahre Grambek, Gemeinde Grambek (Herausgeber), 1994 mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Grambek